Ferruccio Busoni an Heinrich Schenker arrow_backarrow_forward

Berlin · frühestens 3. September 1903

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Mein lieber Doctor.

Ich lasse Ihnen die Wahl, in
welcher Instrumentirung
Ihre „Taenze“ erklingen solle,n,
nur: darf ich mir erlauben
Sie auf Folgendes aufmerksam
zu machen?:

  • 1) Wenn Sie mit Schönberg’s
    Orchestrirung als Componist ganz einverstanden
    sein sollten, so haben Sie Ihre
    reizvollen Stücke im angemessenen
    Gewande bereits vorhanden,
    u. Sie ersparen sich eine Arbeit
  • 2) SieWir schaffen Schönberg eine
    Gelegenheit auch seinen Namen
    auf das Programm zu bringen. Wenige Tage später trat Schönberg persönlich in Kontakt mit Busoni, um die Uraufführung von Pelleas und Melisande im Rahmen der Orchesterabende zu erbitten (vgl. seinen Brief vom 10. September 1903).
  • 3) Wenn der voraussichtliche
    Erfolg eintrifft, so wirkt er
    auf iIhre übrigen Werke über Bent/Bretherton/Drabkin 2014, S. 37 fälschlich: „If the success that we expect is achieved, then he [Schönberg] can arrange your other works […]“. u.
    Sie koennen von diesen einen
    pecuniaeren Gewinn erringen.

Mein lieber Doktor.

Ich lasse Ihnen die Wahl, in welcher Instrumentierung Ihre „Tänze“ erklingen sollen, nur: darf ich mir erlauben, Sie auf Folgendes aufmerksam zu machen?

  • 1) Wenn Sie mit Schönbergs Orchestrierung als Komponist ganz einverstanden sein sollten, so haben Sie Ihre reizvollen Stücke im angemessenen Gewande bereits vorhanden, und Sie ersparen sich eine Arbeit.
  • 2) Wir schaffen Schönberg eine Gelegenheit, auch seinen Namen auf das Programm zu bringen. Wenige Tage später trat Schönberg persönlich in Kontakt mit Busoni, um die Uraufführung von Pelleas und Melisande im Rahmen der Orchesterabende zu erbitten (vgl. seinen Brief vom 10. September 1903).
  • 3) Wenn der voraussichtliche Erfolg eintrifft, so wirkt er auf Ihre übrigen Werke über, und Sie können von diesen einen pekuniären Gewinn erringen.

Ich überlasse Ihnen sowohl die Entscheidung als die etwaigen Vereinbarungen mit Schönberg; nur bitte ich um baldigste Mitteilung der ersteren und um präzise Einsendung des Materials zum Konzerte des 19. Oktobers. Schenker prüfte die Stimmen vom 7. bis 9. Oktober (Tagebücher Schenkers vom 7. bis 9. Oktober 1903, US-RIVu, OJ 1/4), sodass Busoni gegenüber Schönberg wenig später den Erhalt des Notenmaterials bestätigen konnte (Brief vom 14. Oktober 1903). Busoni scheint zu diesem Zeitpunkt noch mit einer Aufführung im Oktober gerechnet zu haben; nach Absage des Konzerts (Stuckenschmidt 1967, S. 26 f.) gelangten die Tänze jedoch erst am 5. November unter Busonis Leitung zur Aufführung (Brinkmann/Okuljar 1988, S. 21).

Noch einen Vorschlag: wollen Sie nicht das Kind beim rechten Namen nennen und Ihre Tanz-Serie einfach Jüdische Tanzweisen“ benennen? Tatsächlich hatte Schenker für die Syrischen Tänze verschiedene Titel erwogen; vgl. den Brief vom 11. Februar 1900 sowie insbesondere die Kommentierung des Briefes vom 9. September 1903. Die Wirkung würde nur erhöht. – Ob wir sie vollständig bringen sollen, bleibt noch zu erwägen. Tatsächlich wurde, entgegen dem ursprünglichen Wunsch nach einer Auswahl aus den Tänzen, das vollständige Werk aufgeführt (Federhofer 1982, S. 375). Vgl. Busonis Brief vom 25. August 1903 sowie die dortige Kommentierung.

Ich danke Ihnen für Ihre Bereitwilligkeit und Ihr Vertrauen und grüße Sie freundlichst.

Ihr ergebener

Ferruccio Busoni

3. September 1903.
                                                                
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Ich überlasse Ihnen sowohl
die Entscheidung, als die
etwaigen Vereinbarungen mit
Schönberg; nur bitte ich um
baldigste Mittheilung der ersteren
u. um präcise Einsendung
des Materials zum Concerte des
19. Octobers. Schenker prüfte die Stimmen vom 7. bis 9. Oktober (Tagebücher Schenkers vom 7. bis 9. Oktober 1903, US-RIVu, OJ 1/4), sodass Busoni gegenüber Schönberg wenig später den Erhalt des Notenmaterials bestätigen konnte (Brief vom 14. Oktober 1903). Busoni scheint zu diesem Zeitpunkt noch mit einer Aufführung im Oktober gerechnet zu haben; nach Absage des Konzerts (Stuckenschmidt 1967, S. 26 f.) gelangten die Tänze jedoch erst am 5. November unter Busonis Leitung zur Aufführung (Brinkmann/Okuljar 1988, S. 21).

Noch einen Vorschlag: Wollen
Sie nicht das Kind beim rechten
Namen nennen u. Ihre Tanz Serie
einfach Jüdische Tanzweisen“
benennen? Tatsächlich hatte Schenker für die Syrischen Tänze verschiedene Titel erwogen; vgl. den Brief vom 11. Februar 1900 sowie insbesondere die Kommentierung des Briefes vom 9. September 1903. Die Wirkung würde
nur erhöht. – Ob wir sie
vollstaendig bringen sollen
bleibt noch zu erwägen. Tatsächlich wurde, entgegen dem ursprünglichen Wunsch nach einer Auswahl aus den Tänzen, das vollständige Werk aufgeführt (Federhofer 1982, S. 375). Vgl. Busonis Brief vom 25. August 1903 sowie die dortige Kommentierung.

Ich danke Ihnen für Ihre
Bereitwilligkeit u. Ihr Vertrauen
u. grüsse Sie freundlichst.

Ihr ergebener

Ferruccio Busoni

3. Spt. 3.
                                                                
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Dokument

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Überlieferung
Vereinigte Staaten von Amerika | Riverside | University of California, Special Collections and Archives | Oswald Jonas memorial collection | Box 9, Folder 27
Zustand
Der Brief ist gut erhalten.
Umfang
2 Blatt, 2 beschriebene Seiten
Kollation
Ohne Autopsie sind Blattzahl und Seitenfolge nicht eindeutig bestimmbar.
Hände/Stempel
  • Hand des Absenders Ferruccio Busoni, Brieftext in schwarzer Tinte, in lateinischer Schreibschrift.

Zusammenfassung
Busoni zählt Gründe auf, Schönbergs Bearbeitung der Syrischen Tänze zur Aufführung in Berlin freizugeben, und bittet um baldige Entscheidung; schlägt Jüdische Tanzweisen“ als Titel vor.
Incipit
Ich lasse Ihnen die Wahl, in welcher Instrumentierung

Inhaltlich Verantwortliche
Christian Schaper Ullrich Scheideler Theresa Menard Maximilian Furthmüller
bearbeitet von
Stand
29. Dezember 2018: zur Freigabe vorgeschlagen (Auszeichnungen überprüft, korrekturgelesen)
Stellung in diesem Briefwechsel
Vorausgehend Folgend
Benachbart in der Gesamtedition
Frühere Ausgaben
Federhofer 1985, S. 83 Bent/Bretherton/Drabkin 2014, S. 37 f.